Die schei** ka** schlimme Wörter Kasse

In der Familie gibt es seit Monaten eine schlimme Wörter Kasse. Eine Kasse, bzw. eine Spardose, in die 10ct gezahlt werden, wenn jemand ein „schlimmes Wort“ sagt. Schlimme Wörter sind aktuell Scheiße und Kacke, auch in allen einem Vierjährigen bekannten Variationen.
Das sind zum Glück noch nicht wirklich viele Wörter, zumindest beim Kind.

"Hey du alte Gipsputze"

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Wir sammeln das Geld und verschenken es, wenn die Spardose voll ist.
Kurz nach Weihnachten bekam die Frau, „die bei Edeka wohnt“, von uns 20€ geschenkt. Ob wir dafür auch eine Ausgabe der von ihr verkauften Hinz&Kunz bekamen, weiß ich gar nicht. Die Dame hat sich sehr darüber gefreut.

Wie bei fast jeder guten Idee gibt es hier eine versteckte Falle, die erst nach einigen Wochen sichtbar wurde.

Zur Zeit zahle nur ich in die schlimme Wörter Kasse ein.

Das hat Gründe, und will erklärt werden, ich erkläre mich gerne.

1. Ich bin ein Hesse.
Als Hesse flucht man gerne. Es haben IMMER die anderen Schuld. Es stimmt, wenn Badesalz im Comedy-Programm erzählt, dass immer der Hammer schuld ist, wenn man sich damit auf den Daumen kloppt. Dreckshammer. Ich selbst mache keine Fehler, es muss am Werkzeug oder dem Material liegen. Das ist genetisch bedingt. Die Kollegen kennen das, ich krieg sofort Puls, wenn der Rechner drei Sekunden länger als sonst braucht. Scheiß-Technik, ich hasse es, wenn etwas nicht funktioniert.

2. Ausbildung und Gesellenjahr im Stahlwerk.
Vier Jahre habe ich in einem Stahlwerk gearbeitet. Es waren die prägenden Jahre. Damals. Arbeit in einem Stahlwerk ist Lichtjahre von dem entfernt, was ihr, die ihr gerade diesen Artikel lest, im Alltag unter Arbeit versteht. Die Zeit bei der Bundeswehr wäre in Teilen vergleichbar, ist aber eigentlich auch Kinderfasching. Es war grob, heiß, sehr heiß, laut, es gab nur Männer und das geistige Niveau waren Minus 18 Mario Barth.
Die damals an einem normalen Tag im Stahlwerk geführten Gespräche (wenn ich das Gegrunze gutwillig als Gespräch bezeichne) würden in meinem aktuellen Job für zig Abmahnungen und mindestens drei Kündigungen am Tag reichen. Das war schon derbe, ein völlig anderer Schnack, wie man in Hamburg sagt.

3. Ich komme aus einer Handwerker-Familie.
Beide oben genannten Punkte kommen hier zusammen. Das ist quasi doppelt genetisch. Mein Vater, Opa, Onkel, alles Handwerker. Meister ihres Fachs, aber immer geht was kaputt und wer ist schuld, wenn was kaputt geht? Richtig. Immer jemand anderes. Und da wird eben gemeckert bis der Arzt kommt. Falls jemand den Film „was nicht passt wird passend gemacht“ kennt, das war für mich beinahe eine Art Doku über meine Kindheit. Irgendwie.

Und jetzt sitze ich hier mit einer schlimmen Wörter Kasse.

Mit einem Kind und einer Sozialpädagogin aus dem Norden, denen, wie soll ich sagen, die robuste hessische Ausdrucksweise doch größtenteils völlig fremd sind.
(das Kind holt das bei Besuchen in Hessen immer in erstaunlich kurzer Zeit nach aber das ist eine andere Geschichte)

Je älter ich werde, desto gesitteter geht es zu, der ein oder andere wird das bestätigen können, aber da lauert dann doch der alte Knodderbock, der der vermalledeiten Dreckskiste die Pest an den Arsch wünscht. Um beim Computer zu bleiben

Davor hat mich niemand gewarnt und so zahle ich fröhlich weiter in die schlimme Wörter Kasse ein. Ich gönne es der Frau, die bei Edeka wohnt. Ich fluche für einen guten Zweck, aber das bleibt unter uns.

Dieser hier in der Bahn zusammengetippte Scheiß kostet mich 90ct.

Mit den besten Grüßen an meinen Lieblingstwitteraccount, den Tourette Bot.

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5 Gedanken zu „Die schei** ka** schlimme Wörter Kasse“

  1. So eine Kasse wäre mein Untergang.
    Hast Du schonmal darüber nachgedacht, einen heimlichen Fluch-Twitter-Account aufzumachen, damit Dich wenigstens Twitter-Rants nicht so teuer kommen? Das hat bei mir ganz gut funktioniert – obwohl wir keine Kasse haben (denn dann hätten wir eine Fluch-Schrei-Brüll-Kasse für mich und eine Schwein-Kasse für den Mann, die alle Schweinigkeiten wie Furzen, Rülpsen und sich am Arsch kratzen und dann an der Hand riechen umfassen würde, um nur ein paar Dinge zu nennen).
    Deswegen habe ich einen Account auf dem ich rummotze (mehr als auf dem normalen), einen auf dem ich die Untaten des Mannes verrate, und einen, auf dem ich ungewollte Ratschläge von anderen loswerde :D
    Das hilft natürlich nicht gegen die Wörter im Alltag. Manchmal bin ich doch ganz froh, noch keine Kinder zu haben, dafür aber jede Menge irische und irland-affine Freunde – und wie wir wissen, ist „fuck off“ für diese ja quasi eine Liebeserklärung.

  2. Hm, ich muss mal grad in mich gehen.
    Ruhrpottjunge? Check.
    Handwerksfamilie? Check.
    Ferien aufm Bau malocht? Check.
    Beruflich mit SAP arbeiten müssen? Check.

    Die Wahrscheinlichkeit, dass ich jemals mit exzessivem Fluchen aufhöre, ist nicht mehr messbar, weil schlicht nicht existent. :)

  3. …zum Thema Hesse… gestern Karneval Frankfurt…sagt die Gerda zum Heinz: die Nachbarn sinn 25 Jahr verheirat, iss des net schee ?, sagt der Heinz “ do hoste recht, des ist net schee……

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